Virtuelle Weinrunde am 1. März 2021

 

Hamatschek

„Landsknechte der Weinstraße – Suche nach den Wurzeln der Weinbruderschaft der Pfalz“

Im Mittelpunkt der fünften virtuellen Weinrunde, zu der Ordensmeister Oliver Stieß am vergangenen Montag über 60 Teilnehmer begrüßen konnte, stand wieder einmal ein Vortrag unseres WB Dr. Jochen Hamatschek. 

Dieses Mal „suchte er nach den Wurzeln der Weinbruderschaft der Pfalz“ und fand diese in der „Kumpanei der Landsknechte“. Initiator dieser Gemeinschaft, die sich ab 1939 bzw. 1941 regelmäßig in der Gaststätte „Zum Engel“ in Hambach traf, war der der Verleger Daniel Meininger aus Neustadt, von dem damals zahlreiche Initiativen in puncto Weinwerbung und Förderung der Weinkultur ausgingen. Nach dem Krieg fanden die Landsknechte im Neustadter „Künstlerkeller“ ein neues Domizil, wo sich enge Kontakte mit dem dort tagenden, ebenfalls von Daniel Meininger 1950 gegründeten „Pressestammtisch“ ergaben. Am 6.Dezember 1954 wurde dann beschlossen, die beiden Gruppierungen zusammenzuführen: Die Weinbruderschaft der Pfalz war geboren! Triebfeder waren, katalysiert von Minister Stübinger, Daniel Meininger, Sepp Keller, Dr. Ernst Kern und Leopold Reitz, der auch zum ersten Ordensmeister ernannt wurde.

Natürlich stellt sich die Frage, weshalb sich unsere „Vorgänger“ als „ Landsknechte der Weinstraße“ bezeichneten?  Das lag wohl daran, dass das Mittelalter in der damaligen Zeit „in“ war, deren Akteure ( Ritter, Turnierkämpfer, König Artus etc.) bildeten eine „Projektionsfläche abenteuerlicher Phantasien“, was sich auch in der Unterhaltungsindustrie widerspiegelte.  Dazu kam noch das damalige Bild der Landsknechte in Literatur und Geschichte: Deutschtümelnde Darstellungen mit völkisch-heldischer Sicht.

In seinen folgenden Ausführungen vermittelte WB Hamatschek mithilfe passender Anschauungsmaterialien einen ausführlichen historischen Rückblick auf das Leben der Landsknechte zwischen Mittelalter und Neuzeit: Als Landsknechte bezeichnete man zu Fuß kämpfende, meist deutsche Söldner, deren wichtigste Waffe die  Pike ( Lanze ) war. Sie galten aufgrund ihrer fortschrittlichen und disziplinierten Kampfweise als besonders schlagkräftig. Dazu trugen sicher auch ihr ausgeprägter Korpsgeist und ihre Standfestigkeit gegenüber dem Feind bei. Ihre bunte, weit aufgebauschte Kleidung war aufsehenerregend, ein „Hingucker“ in der damaligen, grauen Zeit. Im Volk hatten sie aber immer auch den Ruf von Plünderern und brutalen Gesellen, die nach ausgebliebenen Soldzahlungen (oder auch  nach Belieben) ganze Landstriche verwüsten und ausrauben konnten.

Was hat die heutige Weinbruderschaft von den „Landsknechten der Weinstraße“ übernommen? Zunächst natürlich  die Liebe zum Wein, das Eintreten für die Echtheit und Unverfälschtheit des Weines („Weingewissen der Pfalz“), die Geselligkeit, die „Ausmärsche“ (heute: Besuche von Winzerbetrieben etc.), aber auch  die Verbindung (Patenschaft) zu den Weinkehlchen, die seit deren Gründung durch Hans Moster im Jahr 1949 besteht. Nicht zu vergessen die seit 1954 von Leopold Reitz ins Leben gerufene „Literarische Weinrunde“.

Bei den obligatorischen Grußworten der teilnehmenden Weinbrüder gab es ein Novum: Zum ersten Mal hatten wir eine Zuschaltung vom Krankenbett aus. WB Stefan Echter grüßte uns nach erfolgreich überstandener Operation aus dem Landauer Krankenhaus. Die Genesungswünsche unseres Ordensmeisters und der übrigen Weinbrüder nahm er natürlich gerne entgegen.

Den zweiten Schwerpunkt des Abends übernahm Prof.Dr.Axel Poweleit, der als Brudermeister „seine“ Rheinhessische Weinbruderschaft sehr anschaulich und rhetorisch in glänzender Manier vorstellte: Sie wurde 1970 in Oppenheim gegründet, seit 2008 ist sie auch für Frauen geöffnet und umfasst z.Zt. ca. 340 Mitglieder. Sinnbild der Gemeinschaft, die sich ebenfalls die Förderung der Weinkultur als Hauptziel gesetzt hat, sind die Rebe und die Rose, ihr signifikanter Wahlspruch lautet: „In Vino Salvatio“ ( „Der Wein befreit uns von den Bedrängnissen des Lebens“). Eine Besonderheit der zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten der Bruderschaft ist sicherlich das jährliche „Weinkulturseminar“ mit einem speziellen Jahresthema, in diesem Jahr z.B. „Weinkultur im Klimawandel“. 

Abschließend stellte Prof. Poweleit deutlich heraus, dass Veränderungen in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und in Weinberg, Keller und Markt neue Herausforderungen für die Weinkultur darstellen, mit denen sich auch eine zeitgemäße Weinbruderschaft auseinander setzen muss.

Natürlich durfte bei dieser Gelegenheit die (zwischen Rheinhessen und Pfälzer schon obligatorische) Frage über das Maß eines „echten“ Schoppens nicht fehlen. Ausgehend von unserem Ordenskanzler entwickelte sich auch prompt das zu erwartende Streitgespräch, das erst durch den Versuch einer historischen Klärung durch unseren Großmeister Fritz Schumann („Napoleon war schuld“) beendet wurde. Ob sich die Beteiligten künftig damit zufrieden geben werden, bleibt abzuwarten…!

Zur Unterhaltung trugen auch sicher die folgenden Beiträge zweier Weinbrüder bei:

WB Michael Landgraf merkte an, mit Blick auf unsere niederländischen Freunde, dass Pfälzer und Niederländer die einzigen auf der Welt seien, die das Wort „babbeln“ verwenden!

WB Harald Schmidt stellte fest, dass das Internet wohl von einem Pfälzer erfunden worden sei. Begründung: Die Abkürzung „www“ kann nur  Weck, Worscht und Woi“ bedeuten.

Nach den Dankesworten von Ordenskanzler Karl-Heinz Bauer an den Organisator des Abends, WB Michael Landgraf und die beiden Referenten Dr. Hamatschek und Prof. Poweleit, informierte Ordensmeister Oliver Stieß kurz über die gut fortschreitenden Umbaumaßnahmen im Ordenshaus und bedankte sich ganz herzlich bei Kapitelmeister Harald Weber für dessen dortiges Engagement.

Gegen 22.00 Uhr endete eine wiederum gelungene virtuelle Weinrunde mit zwei sehr interessanten, informativen und äußerst professionell vorgetragenen Beiträgen. 

Beenden möchte ich diesen Beitrag mit einem Auszug des „Artikelbriefs“ der „Kumpanei der Landsknechte der Weinstraße:

Eigenschaft Landsknechte

Sicherlich sehr interessant wäre zu erfahren, inwieweit sich die heutigen Weinbrüder wohl noch mit dieser Beschreibung unserer Vorgänger identifizieren können???

Bernd Dieffenbacher