64. Ordenstag am 5.11.2017

Gleich zwei Ereignisse standen neben den Montagsrunden, den Vorträgen im Ordenshaus und den Außenterminen im vergangenen Jahr bei der Weinbruderschaft im Mittelpunkt:

  • das Weinkulturseminar der Gemeinschaft Deutschsprachiger Weinbruderschaften und
  • die Befüllung des Domnapfes zum 200. Neu-Gründungstag des Bistums Speyer,

wie Sekretarius Herbert Hirschmann (Haßloch) beim Ordenstag berichtete.
Anschließend stellte der neue Schatzmeister Thomas Huber (Ludwigshafen) den Geschäftsbericht fürs abgelaufene Jahr vor. Seine frohe Botschaft: Nach vielen Jahren seien die Weinbrüder wieder schuldenfrei. Die Entlastung des Vorstands durch die anwesenden Mitglieder folgte auf dem Fuß.
17 Aspiranten wurden beim Ordenstag in die rund 1000 Köpfe zählende Weinbruderschaft der Pfalz aufgenommen. Zuvor hatten sie sich schriftlich bewerben und zwei Bürgen benennen müssen. Mit Handschlag nahm Ordensmeister Oliver Stiess (Frankweiler) die neuen Weinbrüder auf. Neben Urkunde und Ordensnadel erhielten sie auch das Buch der Weinbruderschaft. Im Anschluss bedankte sich Bruno Bommer (Speyer), der einstige Botschafter von Burundi in Afrika, mit einigen launigen Worten stellvertretend für alle neuen Weinbrüder.

Mit der Ehrung zahlreicher verdienter Weinbrüder endete der 64. Ordenstag. So wurden Hans-Jürgen Naumann, Thomas Huber, Dr.Thomas Weihl, Peter Diederich, Hans-Joachim Spengler und Markus Münch mit der Verdienstmedaille der Weinbruderschaft ausgezeichnet. wij


Dankesrede für die Aspiranten von Bruno Brommer:

Bruno BrommerErlauben Sie mir, zu Beginn meiner kleinen Rede des kürzlich verstorbenen Speyerer Mundartsängers Kurt Kotterer zu gedenken und ein Zitat von ihm als Motto meines Beitrags voranzustellen:
„Mir derf mer alles nemme, nur mein Woi net“.

Sehr geehrter Ordensmeister Stiess,
sehr geehrter Großmeister Dr. Schumann,
sehr geehrte Herren des Kapitels und des Konvents,
sehr geehrter Weinbaupräsident Schneider,
liebe Weinbrüder,
sehr geehrte Gäste,

es ist mir eine besondere Freude, aufgenommen worden zu sein in die illustre Weinbruderschaft der Pfalz. Diese Freude und Ehre teile ich mit den hier versammelten Aspiranten, die heute dem renommierten Orden beitreten durften. Sie, verehrte „Altvordere“, werden in uns treue Weinbrüder finden, die sich dieser Ehre bewusst sind und wir versprechen, trinkfest dem Pfälzer Wein im In- und Ausland die ihm gebührende Ehre zu erweisen.
Ich selbst habe während meiner Zeit im Auswärtigen Amt und insbesondere in den letzten Jahren als Generalkonsul oder Botschafter stets zu offiziellen Anlässen Pfälzer Wein kredenzt, und Viele von dessen hervorragender Qualität überzeugt. Ich kann mich noch gut an das erstaunte Gesicht des französischen Botschafters erinnern, als nach dem gemeinsamen Empfang in Nairobi zum 40. Jahrestag des ElyséeVertrages im Jahre 2003, kein Pfälzer aber viele Flaschen des hochgelobten französischen Rotweins übrigblieben. Er selbst bevorzugte übrigens auch den Pfälzer!

Und während meiner Zeit als Generalkonsul in Strasbourg hatte ich die Ehre, im Jahre 2008 dem jährlichen Ordenskapitel der Weinbruderschaft „Kaefferkopf“ als Ehrenpräsident vorzusitzen.
Was macht die Weinbruderschaft der Pfalz so besonders? Zuvorderst ist sicherlich die Freundschaft zu nennen, das gesellige Beisammensein im Ordenshaus in Neustadt und in den örtlichen Weinrunden. Es sind die Gespräche mit den Weinbrüdern, aber auch das gemeinsame Singen und Musizieren. Es ist die gesellschaftliche Zusammensetzung der Mitglieder aus Kunst, Handwerk, Weinbau, Industrie, Verwaltung und Politik. 
Aber es ist vor allem der Wein und die Liebe zu ihm, die uns vereint. Dennoch hat diese „Steigleiter der Fantasie“, dieses „Trotzkissen der Verzweiflung“, wie ihn der Kabarettist Lars Reichow charakterisierte, nicht nur Freunde. Schon vor Jahren fragte sich der berühmte Gastrokritiker Wolfram Siebeck im Zusammenhang mit der Diskussion über der Tabakgenuss:

 
„Soll man auf den Weinflaschen vor den Gefahren des Trinkens warnen?“, um dies sofort aufs Heftigste als vergebliche Müh’ zu verneinen. Er nennt als Beispiel die USA, wo in den 30er Jahren ein komplettes Alkoholverbot, die berühmte Prohibition, durchgesetzt wurde. Der Alkoholkonsum erreichte dennoch nie wieder erreichte Spitzenwerte und war die Ursache für das Aufkommen der Mafia, die Schwarzbrennerei und mit ihr Leberschäden förderte und sicherlich der Grund für die furchtbaren Trinksitten der Amerikaner ist: Cocktails und Bourbon. 
Nachdem die Schlacht um Zigaretten, Pfeifen und Zigarren geschlagen war, beginnt nun die Attacke auf den Alkohol. Das Geschrei der sogenannten „Besorgten“ dringt bereits in die Gaststuben, Weinkeller und Küchen: „Alkohol tötet!“ und die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht auf Weinflaschen wird erhoben.
Würden unsere Verteidigungsministerin oder der Generalsekretär der NATO klaglos zuschauen, wenn fanatische Pazifisten an Kasernentoren die Warnung anbrächten: „Militärdienst beeinträchtigt die Gesundheit und führt bei konsequenter Anwendung zum Tode“. Oder bliebe der Papst ruhig, wenn an Kirchenportalen der Hinweis zu lesen wäre: „Religion kann abhängig machen, bewirkt Reue und führt bei übermäßigem Gebrauch zur Bigotterie“. Wohl kaum!
In dieser Schlacht zwischen Trinkern und Abstinenzlern schätze ich mich mit meinen Mit-Aspiranten, die wir ab heute keine mehr sind, glücklich, an der Seite mit den Mitbrüdern Partei für die Weintrinker zu ergreifen. Wir alle hier im Saal gehören zu diesem fröhlichen Volk.
Warum sollten wir Weingenießer es widerstandslos hinnehmen, wenn das älteste Kulturgut der Menschheit, der Wein, diffamiert würde wie eine ordinäre Navy Cut? Die größten Momente der Kulturgeschichte sind ohne den Wein und seine Trinker nicht denkbar. Schon in der Bibel wird gezecht. Bei den alten Ägyptern galt der Wein als „Schweiß des Sonnengottes Re“ oder als „Träne des Horus“ und die Weintraube als Symbol des sterbenden und auferstehenden Gottes Osiris, mit dem sich die Hoffnung der Toten auf Wiederauferstehung verband. Der Koran verspricht den „Aufrechten“, dass sie im Paradies unter Weintrauben sitzen werden. Sogar die heute so prüden Perser sind durch ihren Dichter Omar Khayyam Mitglieder im Klub der Weinbeißer. Und Goethes Weinrechnungen haben Generationen von Germanisten beschäftigt.
So bitte ich Sie, mit mir das Glas zu erheben auf den Wein, den Herzens-, Sorgen- und Ehebrecher, die Labsal der Lust. Lassen Sie uns das Glas zum Munde führen und uns von den Reben verwöhnen und mit dem Leben versöhnen. In diesem Sinne:

IN VITE VITA


Fotos vom Ordenstag