Weinrunde am 8.5.23 mit Vortrag über "Wein im Judentum"

Wein im Judentum

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben!“. Diesen und andere auf den Wein bezogene Bibelsprüche kennt wohl jeder Weinbruder, aber wahrscheinlich nur wenige haben sich einmal näher mit der Thematik „Wein im Judentum“ auseinandergesetzt.

So war es nicht verwunderlich, dass ein Vortrag zu diesem interessanten Thema am vergangenen Montag für ein gut gefülltes Ordenshaus sorgte. Mit dem evangelischen Diakon Eberhard Dittus konnte Ordensmeister Oliver Stieß einen Referenten begrüßen, der schon seit vielen Jahren im Bereich der Friedensarbeit der Evangelischen Kirche der Pfalz tätig ist. Dittus war auch langjähriger Vorsitzender des Vereins, der sich für die Errichtung einer Gedenkstätte im früheren KZ im Neustadter „Quartier Hornbach“ eingesetzt hat.

Sympathien bei den Zuhörern schaffte sich Herr Dittus bereits eingangs mit seiner Aussage „Ich bin ein bekennender Weintrinker“ und im Laufe seiner Ausführungen mit seiner zeitweise humorvollen, stets lockeren und das Publikum einbeziehende Art.

Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person erläuterte Herr Dittus die besondere Bedeutung des Weins im Judentum:  Bei jedem Fest, ja sogar an jedem Sabbat gehöre auch Wein auf den Tisch. Ein Grund dafür sei, dass Wein zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt gehöre, seit der Antike eine tiefe spirituelle Bedeutung habe und als ein rituelles Getränk gelte.

Diesen besonderen Bezug zwischen Wein und Judentum untermauerte anschließend der Referent anhand zahlreicher Textstellen des Alten und des Neuen Testaments.

Auch im Talmud wird die Bedeutung des Weins – und des Trinkens – betont, aber auch gleichzeitig davor gewarnt, zu viel zu trinken. Denn das Berauschen, das Betrinken, ist gemäß der jüdischen Ethik nicht erlaubt!

Herr Dittus betonte aber, dass dem gläubigen Juden nur das Trinken von koscherem Wein erlaubt sei und erläuterte anschließend diese besondere Art des Weins: Ein Wein sei dann koscher, wenn er den traditionellen jüdischen Speisegesetzen entspräche.

So dürfen beispielsweise nur strenggläubige, männliche Juden sämtliche Tätigkeiten in Weinberg und Keller ausführen. Die Trauben dürfen erst ab dem vierten Jahr nach der Rebpflanzung gekeltert werden. Alle Weinberge müssen jedes siebte Jahr brachliegen (Sabbatjahr). Zwei Monate vor der Lese ist das Düngen mit organischen Mitteln untersagt und sämtliche Geräte für die Weinherstellung müssen vor der Verwendung nach speziellen Riten gereinigt werden. Die Trauben müssen mit natürlichen Hefen vergoren werden (Spontangärung) und koschere Weine dürfen nicht mit tierischen Produkten geschönt werden; die Filtration ist lediglich mit Papierfiltern erlaubt. Über die Einhaltung der Vorschriften wacht ein Rabbiner, der den gesamten Prozess der Weinbereitung von der Lese bis zur Abfüllung begleitet und abschließend ein entsprechendes Zertifikat ausstellt.

Ergänzend betonte der Referent, dass nach jüdischer Vorstellung von jeder Weinernte 10% des Ertrags an Bedürftige gespendet werden solle!

 
Den zweiten Teil seines Vortrags widmete Herr Dittus dem Leben der Juden, insbesondere den jüdischen Weinhändlern, in der Pfalz während der Zeit des Nationalsozialismus.

Befanden sich im 18./19. Jahrhundert noch zeitweise 80% aller Weinhandlungen in der Pfalz in jüdischem Besitz, nahm deren Zahl im 20.Jahrhundert immer mehr ab. Nach 1933 förderte die nationalsozialistische Regierung den Weinbau durch gezielte Werbekampagnen, Reiseangebote und Aktionen wie den Bau der „Deutschen Weinstraße mit dem Weintor“, das „Fest der deutschen Traube und des Weines“ oder durch Partnerschaftsprogramme zwischen Winzerdörfern und entfernten Städten. Das Kulturgut Wein wurde damit wieder ein Massenkonsumartikel. Gleichzeitig gingen die Nationalsozialisten gezielt gegen jüdische Weinhändler vor. Diese wurden zunächst diskriminiert und ausgegrenzt, später erfolgte dann die zwangsweise Arisierung der jüdischen Betriebe, was einen Verkauf unter Einbehaltung einer hohen Judensteuer weit unter dem tatsächlichen Wert bedeutete. Viele Juden flohen aus der Pfalz und Deutschland, der Rest wurde deportiert und letztlich in den Kz’s ermordet.

Eine besondere Rolle in diesem unrühmlichen Kapitel deutscher Geschichte spielte dabei der im Volk sehr populäre Gauleiter Joseph Bürckel. Dieser war ein erbitterter Judenfeind und verantwortlich für die Deportation von über 6000 Juden aus Baden und der Saarpfalz in das französische Internierungslager Gurs. Nach dieser Aktion vermeldete Bürckel stolz nach Berlin, sein Gau sei als erster im Reich „judenrein“.

Der mit viel Herzblut dargebotene und zeitweise emotionale Vortrag sorgte im Saal für viele nachdenkliche und betretene Gesichter, die sich erst wieder aufhellten, als Herr Dittus für alle Anwesenden ein Gläschen koscheren Wein („Carmel King David“) servieren ließ und mit dem jüdischen Trinkspruch „Le Chaim“ („Zum Leben“) auf das Wohl aller Weinbrüder anstieß.

 Ob dieser ausgesprochen süße Rotwein aber jedermanns Geschmack traf, mag dahingestellt sein…!

Genossen hat den „King David“ aber sicher unser „lieblich-liebender“ Weinbruder und Dichter Hans-Jürgen Schweitzer. Gefallen hat ihm aber augenscheinlich nicht die Aussage von Eberhard Dittus „die Römer hätten den Wein in die Pfalz gebracht“. Mit dem Vortrag seines humorvollen Gedichts „Wie die Reb in die Palz kumme ist“, bewies WB Schweitzer das Gegenteil: „Pälzer Woi kummt net vunn de Römer, sondern umgekehrt!“.

Nicht nur ihm, sondern insbesondere auch dem Referenten des Abends, Eberhard Dittus, dem Team des Ordenshauses und dem Gestalter des Gästebuchs, Gerd Liedy, galten die Dankesworte unseres Ordenskanzlers und der anhaltende Applaus der Weinbrüder.

Fazit: Wieder einmal eine gelungene Veranstaltung unserer Weinbruderschaft, die auch einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis eines Teils der Traditionen unserer jüdischen Mitbürger beitragen konnte!


Bernd Dieffenbacher

k DSCN5814k DSCN5873 (004)